Christ My Song - 1722
O Durchbrecher aller Bande!
(Gottfried Arnold/Johannes Thomas Rüegg)
O Durchbrecher aller Bande!
1. O Durchbrecher aller Bande!
der du immer bei uns bist,
bei dem Schaden, Spott und Schande
lauter Lust und Himmel ist;
übe ferner das Gerichte
wider unsern Adamssinn,
bis die Fesseln sind zunichte,
und die Freiheit der Gewinn. PDF - Midi
2. Ist's doch deines Vaters Wille,
dass du endest dieses Werk,
hierzu wohnt in dir die Fülle
aller Weisheit, Lieb und Stärk,
dass du nichts von dem verlierest,
was er dir geschenket hat,
und es aus dem Treiben führest
zu der süßen Ruhestatt.
3. Ach! so musst du uns vollenden,
willst und kannst ja anders nicht;
denn wir sind in deinen Händen,
dein Herz ist auf uns gericht't;
ob wir wohl von allen Leuten
als gefangen sind geacht't,
weil des Kreuzes Niedrigkeiten
so verachtet uns gemacht.
4. Schau doch aber unsre Ketten,
da wir mit der Kreatur
seufzen, ringen, schreien, beten
um Erlösung der Natur,
von dem Dienst der Eitelkeiten,
der uns noch so harte drückt,
obwohl unser Geist in Zeiten
sich auf etwas Bessres schickt.
5. Ach! erheb die matten Kräfte,
dass sie los sich reißen ganz
und durch alle Weltgeschäfte
brechend stehn im Feierglanz.
Weg mit Menschenfurcht und Zagen,
weich, Vernunft-Bedenklichkeit,
fort mit Scheu vor Schmach und Plagen,
weg mit Fleisches Zärtlichkeit!
6. Herr! zermalme und zerstöre
alle Macht der Finsternis;
denn der preist nicht deine Ehre,
den die Sünd zum Tode riss.
Heb uns aus dem Staub der Sünden,
wirf die Lust der Welt hinaus;
lass uns selge Freiheit finden
in des ewgen Vaters Haus.
7. Wir verlangen keine Ruhe
für das Fleisch im Pilgerstreit,
wie du's nötig find'st, so tue
noch vor unsrer Abschiedszeit;
aber unser Geist, der bindet
dich im Glauben, lässt dich nicht,
bis er die Erlösung findet,
frei zu stehn im ewgen Licht.
8. Herrscher, herrsche! Sieger, siege!
König, brauch dein Regiment,
führe deines Reiches Kriege,
mach der Sklaverei ein End;
bringe aus der Haft die Seelen,
die erkauft sind durch dein Blut;
lass uns länger nicht so quälen,
denn du meinst es mit uns gut.
9. Haben wir uns selbst gefangen
in Lust und Gefälligkeit,
ach! so lass uns nicht stets hangen
in dem Tod der Eitelkeit;
unsre Last treibt uns zu rufen,
alle schreien wir dich an:
zeig doch nur die ersten Stufen
der gebrochnen Freiheitsbahn!
10. Ach! wie teur sind wir erworben,
Menschenknechte nicht zu sein.
Drum, so wahr du bist gestorben,
musst du uns auch machen rein,
rein und frei und ganz vollkommen,
nach dem besten Bild gebild't,
der hat Gnad um Gnad genommen,
wer aus deiner Füll sich füllt.
11. Liebe, zieh uns in dein Sterben,
lass mit dir gekreuzigt sein,
was dein Reich nicht kann ererben,
führ ins Paradies uns ein.
Doch, wohlan! du wirst nicht säumen,
wo nur wir nicht lässig stehn;
sein wird's uns, als wär's ein Träumen,
wenn wir in die Freiheit gehn.
Gottfried Arnold, bearbeitet, in: Johann Peter Lange,
Deutsches Kirchenliederbuch, 1843, Lied 592.