Christ My Song - 1628
Nicht so traurig, nicht so sehr
(Paul Gerhardt/Johannes Thomas Rüegg)
Nicht so traurig, nicht so sehr.
1. Nicht so traurig, nicht so sehr,
meine Seele! sei betrübt,
dass dir Gott Glück, Gut und Ehr
nicht so viel wie andern gibt;
nimm vorlieb mit deinem Gott:
hast du Gott, so hat's nicht Not. PDF - Midi
2. Du, wie jedes Menschenkind,
hast kein Recht in dieser Welt;
alle, die geschaffen sind,
sind nur Gäst im fremden Zelt:
Gott ist Herr in seinem Haus,
wie er will, so teilt er aus.
3. Bist du doch darum nicht hier,
dass du Erde haben sollt;
schau den Himmel über dir:
da, da ist dein edles Gold,
da ist Ehre, da ist Freud,
Freud ohn Ende, Ehr ohn Neid.
4. Der ist töricht, der sich kränkt
um ein' Hand voll Eitelkeit,
wenn ihm Gott dagegen schenkt
Schätze der Beständigkeit;
bleibt die Quelle dein Gewinn,
fahr das Bächlein immer hin!
5. Schaue alle Güter an,
die dein Herz für Güter hält,
keines mit dir gehen kann,
wenn du gehest aus der Welt;
alles bleibet hinter dir,
wenn du trittst ins Grabes Tür.
6. Aber, was die Seele nährt,
Gottes Huld und Christi Blut,
wird von keiner Zeit verzehrt,
ist und bleibet allzeit gut.
Erdengut zerfällt und bricht,
Seelengut, das schwindet nicht.
7. Ach, wie bist du doch so blind
und im Denken unbedacht!
Augen hast du, Menschenkind!
und hast doch noch nie betracht't
deiner Augen helles Glas:
siehe, welch ein Schatz ist das!
8. Zähle deine Finger her,
und der andern Glieder Zahl,
keins ist, dass dir unwert wär,
ehrst und liebst sie allzumal,
keines gäbst du weg um Gold,
wenn man dir's abnehmen wollt.
9. Nun, so gehe in den Grund
deines Herzens, das dich lehrt,
wie viel Gutes alle Stund
dir von oben wird beschert;
du hast mehr als Sand am Meer,
und willst doch noch immer mehr.
10. Wüsste der im Himmel lebt,
dass dir's wäre nütz und gut,
wonach so begierlich strebt
dein verblend'tes Fleisch und Blut,
würde seine Frömmigkeit
dich nicht lassen unerfreut.
11. Gott ist deiner Liebe voll
und von ganzem Herzen treu;
wenn du wünschest, prüft er wohl,
wie dein Wunsch beschaffen sei;
ist dir's gut, so geht er's ein;
ist's dein Schade, spricht er: nein!
12. Unterdessen trägt sein Geist
dir in deines Herzens Haus
Manna, das die Engel speist,
ziert und schmückt es herrlich aus;
ja, er wählet dir zum Heil
dich zu seinem Gut und Teil.
13. Ei, so richte dich empor,
du betrübtes Angesicht!
Lass dein Seufzen, nimm hervor
deines Glaubens Freudenlicht,
das behalt, wenn dich die Nacht
deines Kummers traurig macht.
14. Setze als ein Himmelssohn
deinem Willen Maß und Ziel;
rühre stets vor Gottes Thron
deines Dankes Saitenspiel,
weil dir schon gegeben ist
viel mehr als du würdig bist.
15. Führe deinen Lebenslauf
allzeit Gottes eingedenk;
wie es kommt, nimm alles auf
als ein wohlbedacht Geschenk;
geht dir's widrig, lass es gehn:
Gott und Himmel bleibt dir stehn!
Paul Gerhardt, bearbeitet, in: Johann Peter Lange, Deutsches Kirchenliederbuch, 1843, Lied 596.